"Kombiniere alt und modern"
Von unserer Mitarbeiterin SILVIA EIDEL
GRETTSTADT: Etwas Altes, Gewachsenes haben sie gesucht, mittendrin im Dorf. Gefunden haben Katrin und Thomas Ditzel ein altes Gehöft, das sie mit dem Neubau des modernen Wohnhauses und dem Herrichten der Nebengebäude und des Gartens nach und nach in ihren Wohntraum verwandeln.
Ein standardisiertes Wohnhaus im Baugebiet? Für das Grettstädter Paar kam das nicht in Frage. Zu wenig Platz, zu eng aufeinander, ohne Atmosphäre und Leben. Da entsprach der alte Hof in der Bahnhofstraße mit seinen 2800 Quadratmetern Fläche schon eher den Vorstellungen der Grundschullehrerin und des Maschinenschlossers in der SKF-Entwicklung.
Auch wenn sich das frühere Wohnhaus als nicht erhaltenswert herausstellte, auch wenn es, wie das gegenüberliegende Austragshaus, mit Eternitplatten verkleidet war, die entsorgt werden mussten, auch wenn die ursprünglich quer stehende Scheune durch einen Brand baufällig und bereits abgerissen war. ,,Wir wollten im Dorf leben", lautete die Vorstellung der jungen Eltern, die im August 2004 das Gehöft kauften.
Mit dem Ziel, möglichst schnell dort zu wohnen und dabei möglichst viel selbst zu erledigen. Was mit der Hilfe der Familie, von Freunden und Nachbarn auch gelang. Auf diese Weise wurde gleich im Herbst der Abriss des alten Wohnhauses erledigt: Brauchbare Sand- und Muschelkalksteine wurden auf dem großen Gelände gelagert, die Ziegel und handlich gesägten Dachbalken im ehemaligen Stall deponiert. ,,Zum Glück baute einen Nachbar gerade eine Halle, so dass wir viele Steine für das Fundament dort unterbringen konnten", erzählt Thomas Ditzel. Denn die Entsorgung des Bauschutts drückte als Kostenfaktor auf der Finanzierung des Wohnprojekts.
Während der Bauherr auf dem Hof arbeitete, trieb seine Frau die Planungen für den Neubau voran. ,,Mindestens vier Mal war ich auf dem Landratsamt", erinnert sich die 32-jährige, bis der Bauplan ihres Architekten Clemens Kremer, gefüllt mit eigenen Ideen, genehmigungsreif war. ,,Vorschrift war, das Ortsbild zu wahren", erzählt Katrin Ditzel, weshalb das neue Wohnhaus auch giebelständig zur Straße stehen musste. Das tut es auch, hat aber ein modernes, querstehendes Pultdach-Haus als Ergänzung, das über einen würfelartigen Eingangsbereich verbunden ist. Damit ist zum einen der Hofcharakter erhalten geblieben, und zum anderen auf 190 Quadratmeter Wohnfläche eine geniale optische Verbindung von Alt und Neu gefunden worden. Und die Möglichkeit, bei Bedarf das Haus in zwei Wohnungen zu trennen.
,,Ein Vorteil war, das Landratsamt früh in unsere Planungen einzubinden", blickt die Hausherrin zurück. ,,Da gab es sogar Mitarbeiter, die mit gezeichnet haben", etwa als es um die Dachneigung ging. Im März 2005 begann eine Baufirma den Rohbau, den Erdaushub brachten die Ditzels in einem kleinen Wall an ihrem hinterliegenden Garten unter, als Schutz vor einem vorbeiführenden, geschotterten und daher staubigen Wirtschaftsweg. Beim Innenausbau hieß die Devise wieder: Eigenleistung. ,,Ich habe viel gelernt in dieser Zeit", lächelt Thomas ,,Jonny" Ditzel. Etwa wie man Brunnen für die Erdwärme-Versorgung des Hauses bohrt oder wie man einen Kachelofen baut. ,,Für mich war klar, dass ich ein Jahr lang nicht für meine Kinder da sein konnte", denkt er an den heute sechsjährigen Leo und die fünfjährige Lina. Aber gerade und auch für sie war der Hausbau ein Abenteuer, und der neue Riesengarten ein Traumspielplatz.
Denn nach dem Einzug im Dezember 2005 gönnten sich die Bauherren keine Ruhe. Das ansteigende Gelände hinter dem Wohnhaus wurde geordnet. ,,Etwa zwei Meter Höhenunterschied", macht Katrin Ditzel vom Garten zur Straße aus, Grund genug, um gegen schwemmendes Oberflächenwasser eine Terrassierung mit selbst gebauter Trockenmauer vorzunehmen.
Das alte Austragshaus wurde ebenfalls 2006 außen traditionell fränkisch wieder hergerichtet, von Eternitplatten befreit und teilverputzt. 2007 war dann das Pflastern des Hofes an der Reihe, das Austragshaus wurde innen in Angriff genommen, eine Werkstatt eingerichtet. ,,Wo hat man denn im Baugebiet solche Möglichkeiten?", freut sich das Ehepaar über den alten Gewölbekeller oder den ehemaligen Stall, der in diesem Jahr als Lager und Garage auf Vordermann gebracht werden soll. „Wenn man so was baut, muss man damit leben, dass es Stück für Stück voran geht", weiß der 45-jährige Hofbesitzer. ,,Da ist es hilfreich, über einige Zeit auch einen Übergangszustand zu ertragen, bis man eine ideale Lösung gefunden hat", denkt Katrin Ditzel an ihre Eingangstreppe, die erst im vergangenen Jahr vollendet wurde.
Natürlich warteten auch unliebsame Überraschungen auf die Bauherren: So mussten sie etwa die Vermessung des Grundstückes zahlen, fanden im Garten vergraben Abbruchsteine, mussten die Jauchegrube ordnungsgemäß verfüllen oder suchten den Kanalanschluss an der Straße. Aber sie erfuhren auch unerwartete Hilfe bei den neuen Nachbarn und Landwirten, die froh sind, dass ein junges, zupackendes Paar neues Leben in den sich leerenden Altort bringt. ” Bildunterschrift: Traditionsbewusst, aber doch modern sind Thomas und Katrin Ditzel mit ihren Kindern Leo und Lina: Mitten in Grettstadt kauften sie einen alten Hof und bauten das Wohnhaus neu auf: Giebelständig (links) zur Bahnhofsstraße hin und ergänzt um ein querstehendes Pultdachgebäude, das den Hofcharakter betont. Das alte Austragshaus (rechts) richteten sie traditionell wieder her und stellten auch die alte Sandsteinpforte wieder auf. FOTO SILVIA EIDEL